Unsere Zähne, die Patienten und zeitgemäße Zahnheilkunde

28.11. 2007

Was muss eine junge Frau von 23 Jahren, die angeblich hier in Südtirol einen Kostenvoranschlag von 23.000 bekommen hat, mit ihren Zähnen angestellt haben? Ich habe noch nie solch eine Rechnung ausgestellt! Nicht das „Zähne reparieren“ soll teuer sein, sondern die eigenen gesunden Zähne sind von unbezahlbarem Wert. Das und nichts anderes müssen wir Zahnärzte den Patienten vermitteln. Entsteht einmal eine Beziehung, gebaut auf Kompetenz und Vertrauen zwischen Patient und Zahnarztpraxis (ich spreche bewusst das gesamte Team der Praxis an, da gegenüber der Komplexität der heutigen Aufgaben jeder Zahnarzt ohne engagierte Mitglieder der Praxis chancenlos ist), kann diese lange anhalten: Zahntourismus oder Zahnarztwechsel sind dann kein Thema mehr. Nie zuvor war diese Beziehung so qualitativ hoch, wie jetzt, in den Zeiten der totalen und allgegenwärtigen Information. Mit diesem kurzen Szenario habe ich hier einen lebenslangen Kampf skizziert, für den der Zahn gut gerüstet ist.

Zähne und Kiefer sind so stark, dass ein Erwachsener damit problemlos ein Gewicht von 80 Kilogramm halten kann – aber aufpassen: mit der ersten Zahnprothese ist das abrupt 4x weniger! Diejenigen Zahnärzte, die Menschenkenntnis besitzen, können gut sein und bei den Patienten viel bewirken. Die Patienten, die Selbstkenntnis besitzen, sind aber erleuchtet und sie selbst entscheiden, wie lange sie gesund bleiben.
Die Gesundheit definiert die gelebte Qualität. Wir Zahnärzte haben gegenüber dem Patienten ein Erklärungsproblem, da die meisten chronischen Entzündungen im Mundbereich klein sind und ein Immunsystem eines ansonst gesunden Menschen diese unter Kontrolle hält. Der Patient möchte einfach nicht glauben, dass eine Zahnfleischentzündung ihn täglich hunderte von Fasern des Halteapparates kostet. Trotzdem ändert sich langsam etwas. Die Patienten sind nicht mehr sonderlich überrascht, wenn die Anamnese beim Zahnarzt in die Tiefe geht, wenn sie auf allgemeine gesundheitliche Probleme angesprochen und beraten werden.


Die Fragen der Ernährung, der Medikation, die bei den polymorbiden und alten Menschen, die Tagesgewohnheiten, Missbrauch von Tabletten und Alkohol, das Rauchen u. s. w., das alles ist heute auch für uns Zahnärzte von Belangen. Die Landesprojekte wie „Kariesprophylaxe im Entwicklungsalter 2006/2007“ zeigen allgemein wachsende Kenntnisse und ein sehr hohes Niveau der Mundhygiene bei der jungen Generation. Das Zahnbewusstsein steigt auch in unserem Land; in der Aufklärungsarbeit bleibt trotzdem sehr viel zu tun. So, wie die Kenntnisse in Richtung Prophylaxe und Zähneputzen gewachsen sind, müssen sie proportional auch im Bereich der Parodontologie, der Implantologie, der adhäsiven und der kosmetischen Zahnheilkunde wachsen. Schöne Zähne müssen nicht ein Vermögen kosten. „Zahn-Wellness“ wird ganz sicher ein prägender Begriff der Zukunft sein. Warum auch nicht. Warum nicht dieses aktive und selbstverantwortliche Bemühen um ein Gleichgewicht von Körper, Seele und Geist auf die Zähne erweitern und lenken? Weniger wichtig sollen die Zähne für uns Menschen keinesfalls sein! Bis dahin ist es noch ein langer Weg.

Vor kurzem ist in der Fachpresse eine Studie von mir und einer Praktikantin unserer Praxis erschienen, die sich die Patientengewohnheiten in Punkto regelmäßige professionelle Mundhygienekontrolle unter die Lupe genommen hat. Wir haben eine Gruppe von 50 Implantatpatienten gewählt, wo Männer und Frauen gleichermaßen vertreten waren. Diese haben sich nach dem Beginn der Funktionsphase verpflichtet, 2 x im Jahr eine Mundhygienekontrolle zu machen. Dazu muss man sagen, dass der Implantatpatient in unserer Praxis eine Garantie von 10 Jahren bekommt, die an ein regelmäßiges Recall gekoppelt ist. Weit gefehlt, wenn man meint, dass angesichts dieser Zusicherung der Patient die professionelle Reinigung in Anspruch nimmt! Von den 50 Patienten sind im Verlauf von 1,5 Jahren nur noch ca. 50 % der Patienten zum Recall -Termin erschienen. Nach dem Motto: “aus den Augen, aus dem Sinn“, oder „wenn es ein Jahr gut gegangen ist, geht es auch weiter“.

Trotz alledem; blicke ich zurück auf meine 14jährige Tätigkeit als Zahnarzt in Südtirol, können wir auf unsere vorbeugende und kurative Leistungen stolz sein, was aber keineswegs bedeutet, dass wir uns nicht trotzdem tagtäglich um die Beziehung zu unseren Patienten und ihr Bewusstsein für die eigenen Zähne bemühen müssen.


Ihr Dr. Ivan Tresnak,