Implantate und die Lebensqualität

28.10. 2007

Erschienen in: ff-Gesundheit


Vor 27 Jahren habe ich mir meinen Lebenstraum erfüllt und habe in NY die Praxis des Professors Leonard Linkow betreten, um 2 Wochen lang zu bleiben und das zu erlernen, was damals der Wissensstand der dentalen Implantologie gewesen ist. Was sich seitdem auf dem Feld der Implantologie abgespielt hat, ist schier unglaublich und wenn ich daran denke, habe ich das Gefühl, es sind hunderte von Jahren vergangen. So unglaublich schnell und in alle Weltrichtungen hat sich dieses Fach entwickelt und etabliert. Die Zahnarztpraxen und die Patienten von Südtirol nicht ausgenommen.

 

Zurück von NY habe ich mir meine Eltern bestellt und sie sind auch meine ersten Implantat-Patienten geworden. Dem Papa ist ein damals gesetztes Implantat nach 14 Jahren Kauen abgebrochen, die Mama hat nach 27 Jahren 3 von 4 damals installierten Implantaten heute noch voll in Funktion.

Und wie ist es mit der Implantologie heute bestellt? Heute kommt der aufgeklärte und belesene Patient zum Implantattermin beinahe so, wie zur Füllung legen. Unsere Vorgehensweise ist mittlerweile standardisiert, der Eingriff ist minimalinvasiv mit mikrochirurgischen Ansetzen begleitet. Die Patienten erwarten eine schnelle, schmerzfreie, möglichst billige Lösung, die ewig hält. Kann man sich jetzt zurücklehnen und die neue Qualität genießen?



Weit verfehlt! Die Dinge sind insgesamt nicht einfacher. Erstens begegnet man Patienten die denken, dass sich die Gesundheit kaufen lässt. Sie rauchen, trinken, missbrauchen die Bereitschaft der Gemeindeärzte die Rezeptblöcke auszufüllen, essen falsch und treiben kein Sport nach dem Motto: „bin doch versichert und wenn es mir schlecht geht, sind hier doch die übermächtigen Krankenhäuser…“.

Und so relativiert der Alltag die glänzenden Möglichkeiten der Implantologie auf die Frage, ob der Patient bereit ist, mit meiner Praxis eine Partnerschaft zu schließen, bereit zur Mitarbeit, zu Korrekturen in seinem Verhalten und vor allem bereit für eine kritische Wahrnehmung seiner Rolle. Mündigkeit heißt das Zauberwort und obwohl man annimmt, mit überstandener Pubertät soll es selbstverständlich sein, wissen alle von uns, wie manche Patienten den eigenen Organismus lebenslang missbrauchen.

Also wollen sie ein Implantat, das die volle Kaufunktion übernimmt und das sich noch voll ästhetisch einfügt? Dann könnte die Standartsituation folgendermaßen aussehen:


Erster Besuch:

Anamnese, OPG Aufnahme und Entscheidung über die endgültige Lösung, Klärung des zeitlichen und finanziellen Einsatzes des Patienten. Bei positiver Entscheidung werden Abdrücke für die Bohrschablone und die Fotodokumentation gemacht.

Raucher müssen das Rauchen eine Woche vor der Implantation einstellen und mindestens 2 Wochen danach noch fortsetzen. Bei komplizierten Eingriffen wird ein Tag vor der OP das Antibiotikum eingesetzt und Abschied von Alkoholkonsum genommen. Am Morgen der OP wird gut und reichlich gefrühstückt.

Zweiter Besuch:

Die Implantate werden in lokaler Anästhesie gesetzt, pro Implantat müssen sie ca 20 Minuten rechnen, bei mehreren verkürzt sich die Zeit; 6 Implantate dauern dann ca 1 Stunde und sind ausreichend für eine feste 10-12 gliedrige Brücke im zahnlosen Kiefer zu tragen. Der Patient bekommt eine Schmerztablette mit nach Hause, in der Tat aber bringen 99% der Patienten diese zurück.

Dritter Besuch:

nach der Eiheilzeit von ca 1-2 im Unterkiefer und 3-4 Monate im Oberkiefer (je nach der Knochenqualität) werden die Implantate mit Einheilpfosten verbunden, der Abdruck wird gemacht und die Arbeit geht in das Zahnarztlabor.

Vierter Besuch:

fertige Arbeit wird eingesetzt.


Binnen einiger weniger Tage hat der Patient den neuen Zahnersatz adaptiert und alle Beteiligten sind glücklich. Gäbe es nicht eine Kleinigkeit , die die neu gewonnene Zahngesundheit trübt: der Zahnarzt besteht darauf, dass der Patient an einem Recallsystem teil nimmt und die Implantate alle 6 Monate von der Dentalhygienikerin reinigen lässt. Und der Gipfel: er knüpft dieses auf die 10 Jahre Garantie. Unverschämtheit! (???)

Lassen sie sich nicht verunsichern: die Implantate erhöhen tatsächlich die Lebensqualität. Nur aber nach dem Motto, das Jan Lindhe prägt: „Implantate sollen die fehlende Zähne ersetzen – nicht die Zähne“.


Dr. Ivan Tresnak, Sand in Taufers.